Die Historie und die Renovierung des Jurahaus von 1540

Jurahäuser haben eine Jahrhunderte lange Lebensdauer, regelmäßiger Pflege und Instandhaltung vorausgesetzt. Sie sind ein Kulturerbe von europäischem Rang. Das Kalkplatten- und Zwicktaschendach ist die einzige historische Dachlandschaft, die nur im Altmühljura und sonst nirgendwo zu finden ist. Jurahäuser gibt es seit dem 12. Jahrhundert und waren bis 1953 der in der Altmühlregion dominierende Baustil. Im Rahmen des Vorprojekts zur Renovierung unseres Jurahauses wurden die verbauten Holzbalken dendrochronologisch untersucht. Die Untersuchung ergab eine Fällung der Holzbalken im Jahr 1540/1541. 2019 wurde das steinerne Dach unseres Jurahauses ersetzt und der Dachstuhl ausgebessert. 2021 und 2022 wurden die Fenster und die Fassade des Jurahauses, sowie des Stall-Nebengebäudes denkmalgerecht saniert.
 

Merkmale des Jurahauses

Das Jurahaus definiert sich zunächst über sein flach geneigtes, mit Kalkplatten gedecktes Dach mit dem für die schwere Steindeckung erforderlichen mächtigen Dachstuhl, den meist fehlenden oder geringen Dachüberstand, aber auch über die relativ kleinen, nahezu quadratischen Fenster und die schnörkellose Fassade. In der Summe seiner Merkmale ist das Jurahaus eindeutig erkennbar. 

Der Grundriss ordnete sich allermeist um den zentralen "Tenner", der vom Hauseingang bis zur Rückwand des Hauses führt, wo häufig die Stallräume lagen. Das heutige Badezimmer in unserem Jurahaus war bis in die 1960er Jahre ein Hühnerstall. Der Eingang ist traufseitig, was besonders bei Jurahäusern im Gebiet zur Donau hin häufig zu finden ist. Stube und Küche waren hintereinander angeordnet. Die Form des Grundrisses war meist, bedingt durch die ursprüngliche Innengerüstkonstruktion, quadratisch, die Räume zunächst annähernd gleich groß.

Die Häuser waren meist Wohnstallhäuser. Waren die Ställe ursprünglich klein und in den Grundriss des Hauses integriert, wurden sie später in der Länge oder in Hakenform vergrößert, manchmal auch in Form eines weiteren Längsschiffes an das Haus angebaut.
 

Lebensmittelpunkt:DieStube 

Die Stube, die ab dem 16. Jhdt. meist gemauert war, wurde vom sog. "Höllofen" aus der Küche beheizt, der einen bauchigen Wasserkessel zur Warmwasserbereitung enthielt. Der "deutsche Kamin", ein offener Kamin, der die sog. Rußkuchl bedingte, wurde erst im 20. Jahrhundert, oft nach dem 2. Weltkrieg, durch den geschlossenen "russischen Kamin" ersetzt.
 

Das steinerne Dach 

Das Dach ist das weithin sichtbare Kennzeichen des Jurahauses. Nach der Verlegung zunächst hellgelb, nimmt es mit den Jahren eine Patina in verschiedenen Grautönen an, die wie die Felsen der umgebenden Landschaft den Häusern ihr einmaliges Aussehen verleihen. Die Dachneigung beträgt bei unserem Jurahaus 25 Grad, der Durchschnitt aller Jurahäuser liegt bei 27 - 30 Grad. Die fünf- bis siebenfache Überdeckung der Kalksteinplatten bedingt ein Gewicht von 250 - 275 kg / qm, erreicht aber bei alten Dächern, die mehrfach ausgebessert und neu überdeckt wurden, bis zu einer Tonne. Im Vergleich dazu hat ein Biberschwanzdach ein Gewicht von 100 kg / qm. Das Steindach überdauert, wenn es regelmäßig unterhalten wird, Jahrhunderte. In Eichstätt erreichte ein Dach nachweislich ein Alter von 532 Jahren.

Das alte Steindach

Die Kalksteinplatten werden auf Harnickel aufgelegt, unregelmäßig gespaltene Rundhölzer, die das Abrutschen der Platten verhindern. Unterfüttert wird mit kleinen Abfallsteinen, die eigentlichen Dachplatten sind mindestens 30 cm lang. Sie werden so verlegt, dass bei 5-facher Deckung die letzte Schicht die erste immer noch überdeckt. Der Überstand beträgt 5 - 10 cm. Durch die Art der Verlegung entsteht eine gute Wärmedämmung, da die Masse der Steine sowie gewisse Luftkammern zwischen den Platten isolierend wirken. Heute wird man unter die Harnickel in der Regel eine wasserundurchlässige Schicht verlegen, um bei Wasserrückstau bei Frost das Eindringen von Wasser zu vermeiden. Jede Kalksteinplatte wird während dem Verlegen manuell bearbeitet und passend gemacht. Die Dachdeckerarbeiten auf unserem Jurahaus benötigten circa 5 Wochen, da ein Dachdecker pro Tag eine Fläche von nur circa 5qm decken kann. Von Beginn der Zimmerer- und Maurerarbeiten bis zur Fertigstellung der Dachdeckerarbeiten vergingen 2019 mehr als zwei Monate.

Das neue Steindach

Seit 1960 sind die Kosten für die Steindächer beiderlei Art stetig gestiegen. Selbst bei instandgesetzten historischen Jurahäusern sieht man heute gelegentlich graue Betonsteine als Ersatz. Das Landratsamt Eichstätt hat mit Mitteln des Landkreises, des Bezirks Oberbayern und des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege in vorbildlicher Weise ein Jurahaus-Sonderprogramm zum Erhalt der steinernen Dachlandschaft aufgelegt, das die Mehrkosten eines Steindachs gegenüber einem Biberschwanzdach bezuschusst. Die Instandhaltung der Steindächer und der Jurahäuser ist nicht nur im Sinne des Erhalts der Orts- und Landschaftsbilder wichtig, sondern auch zur Bewahrung hochqualitativer Handwerkskunst. Und aus wirtschaftlicher Sicht führt der Einsatz eines Euro staatlicher Mittel in der Denkmalpflege zu ca. 10 Euro privater Investitionen, die fast ausschließlich ins mittelständische Handwerk fließen - eine Wirtschaftsförderung erster Güte.
 

Die schnörkellose Fassade 

Die Fassade wird durch die geringen Dachüberstände und die relativ kleinen, meist quadratischen Fenster bestimmt. Typisch ist für das Jurahaus seine schnörkellose Fassade. Es gibt keine Balkone, keine Erker, keine Vor- und Rücksprünge. Die strenge Orientierung an der Funktion und die kubische Form, verstärkt durch die oft breit gelagerten, nahezu quadratischen Grundrisse, muten fast modern an.

Die alte und renovierte Fassade

Quelle: https://www.jurahaus-verein.de/das-jurahaus
Bilder: eigene Anfertigung Schmalzl
Hervorheben möchten wir den Einsatz des Jurahausvereins in Eichstätt und bedanken uns dort auch für die Zusammenarbeit.

So erreichen Sie das Jurahaus

Kelsstraße 15, 85104 Pförring